Gewerbliches Führerschein-Management in Deutschland
Wie Sie den Aufwand in Grenzen halten und sich vor gesetzlichen Sanktionen schützen.
Führerscheinkontrolle und Fahrerunterweisung sind nur ein paar der Dinge, die Unternehmen mit Fuhrpark oder Poolfahrzeugen ständig im Auge haben müssen, um nicht unter die „Räder des Gesetzgebers“ zu geraten. Dabei steigt mit der Anzahl der Fahrer auch der Aufwand, den die Verwaltung dieser Maßnahmen mit sich bringt. Maßnahmen, die nicht zur eigentlichen Geschäftstätigkeit gehören und demnach keinen Gewinnzuwachs oder eine Verbesserung der Marktposition mit sich bringen.
Folglich sind Unternehmen zwar bestrebt sich bestmöglich abzusichern, jedoch ohne dabei viel Zeit zu verlieren.
Wir zeigen Ihnen, welche Pflichten Sie haben, wie Sie diesen ordnungsgemäß nachkommen und wie Sie den administrativen Aufwand auf ein Minimum reduzieren, ohne dabei Fristen zu versäumen.
Rechtliche Pflichten des Arbeitgebers
Stellen Sie sich vor, alle Mitarbeiter mit Dienstwagen würden täglich zu Ihnen kommen, um Ihren Führerschein vorzulegen, nur damit Sie die Fahrerlaubnis anschließend auf Gültigkeit überprüfen können. Schier nicht machbar? Dennoch gehört die Führerscheinkontrolle[1], genau wie die UVV-Prüfung[2] und die Fahrerunterweisung[3] zu den gesetzlichen Halterpflichten des Arbeitgebers. Wer diesen nicht nachkommt, macht sich strafbar.
In Unternehmen, in denen LKWs oder Busse für gewerbliche Zwecke eingesetzt werden, wie zum Beispiel im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) oder in Speditions-Unternehmen, macht sich zusätzlich strafbar, wer seine Fahrer ohne die Schlüsselzahl 95[4] auf dem Führerschein fahren lässt.
Was muss ich also tun, um nicht gesetzlich belangt zu werden?
Führerscheinkontrolle
Als Halter ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet eine gesetzeskonforme Nutzung der Fahrzeuge sicherzustellen. Dazu gehört unter anderem der Nachweis einer gültigen Fahrerlaubnis bei jeder Fahrt. Da sich die Kontrolle der Fahrerlaubnis jedoch nicht immer ohne weiteres durchführen lässt, hat sich in der Praxis folgende Vorgehensweise etabliert.
- Fahrer mit fest zugeordneten Dienstwagen: Fahrerlaubnis-Kontrolle mindestens halbjährlich.
- Fahrer von Poolfahrzeugen: Fahrerlaubnis-Kontrolle vor jeder Fahrt.
- Bei Kenntnis über ein drohendes Fahrverbot: Fahrerlaubnis-Kontrolle vor jeder Fahrt.
UVV Prüfung des Fahrzeugs
Neben der gesetzeskonformen Wagennutzung ist der Arbeitgeber, gemäß Sozialgesetzbuch (SGB VII), auch für die soziale Sicherung seiner Mitarbeiter bei Arbeits- und Wegunfällen verantwortlich. Daraus resultiert vor allem die Pflicht jegliche firmenbezogenen Unfälle zu verhindern.
Wer dieser Pflicht ausreichend nachkommen möchte, sollte dafür sorgen, dass die Fahrzeuge im Unternehmen bei Bedarf, mindestens jedoch einmal jährlich, gemäß Unfallverhütungsvorschrift (UVV), überprüft werden.
Da der Zustand der Firmenfahrzeuge in Deutschland, gemäß DGUV, nur von einem Sachkundigen Prüfer fachlich und technisch beurteilt werden kann, empfiehlt es sich eine autorisierten Fachwerkstatt mit der Fahrzeugprüfung zu beauftragen.
Um der Nachweispflicht später direkt nachkommen zu können, ist es außerdem sinnvoll die Dokumentation der Kontrolle, gemeinsam mit den anderen Papieren im Wagen, griffbereit zu halten. [5]
Fahrerunterweisung gemäß UVV
Aus der gesetzlichen Vorschrift, unternehmensbezogene Unfälle tunlichst zu vermeiden, ergibt sich außerdem die Pflicht, Mitarbeiter mit Firmenfahrzeug, einmal im Jahr sicherheitsrelevant zu unterweisen. Als Teil des vorgeschriebenen Arbeitsschutzes, soll diese Maßnahme sicherstellen, dass alle Fahrer im Umgang mit dem Firmenfahrzeug vertraut sind.
Da die Inhalte der UVV von der Zusammensetzung des Fuhrparks (nur PKWs oder Mischfahrzeuge) abhängt, variieren von Firma zu Firma, auch die Inhalte, die eine ordnungsgemäße Fahrerunterweisung beinhalten muss. Im Allgemeinen gibt es nur sehr wenig Vorgaben, die der Gesetzgeber zu den Inhalten der Sicherheitsschulung macht. Trotzdem gibt es einige Themengebiete, die in keiner Unterweisung fehlen sollten.[6]
Themengebiet 1: Verhalten vor dem Fahrtantritt
Das erste essenzielle Themengebiet sollte sich mit der sicheren Inbetriebnahme des Fahrzeugs auseinandersetzen. Dazu gehört unter anderem eine Überprüfung der Technik, die richtigen Beleuchtungseinstellung sowie Informationen über angemessene Kleidung und eine sichere und gesunde Sitzposition.
Themengebiet 2: Sicherheitsausstattung
In diesem Bereich sollten die Fahrer lernen, welche sicherheitsrelevanten Gegenstände sich zu jeder Zeit im Fahrzeug befinden sollten und wie man solche sicher handhabt.
Themengebiet 3: Allgemeine Verkehrssicherheits-Schulung
Eine Unterweisung zum Thema Verkehrssicherheit soll die Fahrer anschließend mit dem Umgang der technischen Geräte, den grundlegenden Straßenverkehrsordnungen, den Verhaltensregeln bei schwierigen Witterungsverhältnissen und den Auswirkungen von Drogen auf das Fahrverhalten, vertraut machen.
Themengebiet 4: Verhalten in Unfallsituationen
Im vierten und letzten Kapitel sollte der Fahrer unbedingt nochmal auf das sichere Verhalten bei Unfällen sowie Erste-Hilfe-Maßnahmen hingewiesen werden.[7]
Schlüsselzahl 95 für LKW- und Bus-Fahrten mit gewerblichem Zweck
Neben den gesetzlichen Pflichten im PKW-Bereich gelten für Unternehmen mit gewerblichen Bus- und LKW-Fahrern zusätzliche Vorschriften. Eine essenzielle Rolle spielt vor allem die Schlüsselzahl 95, die seit knapp sieben Jahren, das gewerbliche Führen eines Busses oder LKWs autorisiert.
Damit die zuständige Behörde diese Zahl auf der Rückseite des Führerscheins einträgt muss ein Nachweis über eine gültigen EU-Grundqualifizierung erbracht werden. Dabei kann die Grundqualifikation durch Besitzstand[8], durch eine Berufsausbildung[9] oder durch eine praktische und theoretische Prüfung vor der Industrie- und Handelskammer (IHK) erworben werden.
Nach dem Erwerb der Grundqualifikation sind Bus- und LKW-Fahrer dazu verpflichtet alle 5 Jahre eine Weiterbildung gemäß Berufskraftfahrer-Qualifikations-Gesetz (BKrFQG) zu absolvieren. Im Rahmen einer solchen Weiterbildung muss ein Lehrgang von 35 Stunden, ohne anschließende Prüfung, absolviert werden. Fahrer, die aufgrund fehlender Grundqualifizierung oder Weiterbildung mit ungültiger oder nicht vorhandener Schlüsselzahl erwischt werden, müssen mit einem Bußgeld von bis zu 5.000 Euro rechnen. Dabei spielt es keine Rolle auf welche Weise man die Grundqualifikation erlangt hat.
Wie minimiere ich den administrativen Aufwand?
Die ICS und die Vestischen Straßenbahnen machen es vor
Das Verkehrsunternehmen Vestische Straßenbahnen GmbH betreibt den öffentlichen Nahverkehr im Kreis Recklinghausen, in der Stadt Bottrop und im nördlichen Teil der Stadt Gelsenkirchen. Mit 670 Fahrerinnen und Fahrer und einem Bedienungsgebiet von knapp 976 km² ist das Unternehmen, eines der größten Verkehrsunternehmen Deutschlands.
Unter dem Aspekt des ständig steigenden Aufwands, den die Koordination der Weiterbildung gemäß BKrFQG (Schlüsselzahl 95) und die Verteilung von ärztlichen Untersuchungen mit sich bringt, hat sich die Vestische dazu entschieden die Supply Chain Architekten der ICS zu beauftragen, eine effiziente Lösung zu entwickeln.
Mit der Prämisse, dass die Fahrer möglichst optimal zum Ablauf der Fristen auf die Schulungen verteilt werden, um die Gültigkeitsdauer möglichst effizient auszunutzen, haben die Experten der ICS, gemeinsam mit dem Kunden, eine Webapplikation entwickelt, die nicht nur die Verwaltung der Führerschein-Schulungen automatisiert, sondern auch eine einfache Planung der ärztlichen Untersuchungen ermöglicht.
Wie soll das funktionieren?
Damit keine redundanten Daten entstehen und personenbezogene Daten nicht gefährdet werden hat sich die ICS dazu entschieden das Webportal als Schnittstelle zum HR-System einzusetzen. Durch diese Vorgehensweise können die Stammdaten der Mitarbeiter eingespeist werden, ohne dabei die Sicherheit der Daten zu vernachlässigen. Je nach Einstellung kann die Vestische Ihre Mitarbeiter durch vollautomatische Emails oder SMS, mit einem Vorlauf von 3, 6 oder 12 Monaten, an den Ablauf der fünfjährigen Frist erinnern. Im gleichen Zug erfolgt eine automatisierte Terminzuteilung, inklusive Einladung, unter der Voraussetzung den effizientesten Termin für den Fahrer auszuwählen. Nach absolvierter Weiterbildung werden die Teilnahmeverifizierungen ebenfalls im Portal gespeichert, um im Falle einer Nachweispflicht direkt handeln zu können. Ebenso werden die Teilnahmezertifikate via eMail an die einzelnen Teilnehmer versendet.
Profitieren Sie von der Kombination aus Webapplikation und Prüfbox
Die Vestische erhält durch die Webapplikation Planungssicherheit und größtmögliche Effizienz in der Verteilung der Fahrer auf die gesetzlich geforderten Schulungen. Das Tool minimiert die Risiken von Fahrerausfall aufgrund abgelaufener Führerscheine und bietet darüber hinaus hohe Akzeptanz bei einfacher Bedienung über das ganzheitliche Webportal. Da die Webapplikation ebenso als Cloud-basierte Lösung verfügbar ist, kann diese auch problemlos auf andere Firmenstrukturen angepasst werden.
Neben der automatischen Weiterbildungs-Planung für Berufskraftfahrer automatisiert das System darüber hinaus auch die gesetzliche Führerscheinkontrolle. Voraussetzung hierfür ist ein selbstklebender NFC-Tag mit eindeutiger Seriennummer, der auf dem Führerschein der Mitarbeiter angebracht wird.
Durch das Scannen dieses Labels an einem NFC-fähigen Smartphone oder an einer Prüfbox im Eingangsbereich, kann die Gültigkeit des Führerscheins einfach bestätigt werden. Um Manipulationen auszuschließen führt ein Entfernen des Tags vom Führerschein zur vollständigen Unbrauchbarkeit.
Mehr zur automatisierten Führerscheinprüfung und Schulungsplanung per Web-App.
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[1] Gemäß § 21 Straßenverkehrsgesetz (StVG) strafbar
[2] Strafbar gemäß § 57 DGUV Vorschrift 70 – Fahrzeuge; § 21 Straßenverkehrsgesetz (StVG); § 12 ArbSchG Unterweisung und § 4 DGUV Vorschrift 1 -Grundsätze der Prävention
[3] Strafbar gemäß § 57 DGUV Vorschrift 70 – Fahrzeuge; § 21 Straßenverkehrsgesetz (StVG); § 12 ArbSchG Unterweisung und § 4 DGUV Vorschrift 1 -Grundsätze der Prävention
[4] Gemäß § 9 Berufskraftfahrer-Qualifikations-Gesetz (BKrFQG) strafbar
[5] https://www.leaseplan.com/de-de/uvv-pruefung-pkw/
[6] https://www.carano.de/blog/fahrerunterweisung-uvv-inhalte/
[7] https://www.carano.de/blog/fahrerunterweisung-uvv-inhalte/
[8] Fahrer, die eine entsprechende Fahrerlaubnis (2, 3, C1, C1E, C, CE, D1, D1E, D, DE) vor den Stichtagen (Bus 10.09.2008/ Lkw 10.09.2009) erworben haben, genießen Besitzstand. Das heißt, diese Fahrer sind aus Sicht des Gesetzgebers bereits für ihren Tätigkeitsbereich (Güter- oder Personenverkehr) grundqualifiziert.
[9] Der Fahrer macht eine Berufsausbildung – zum Berufskraftfahrer (BKF), zur Fachkraft im Fahrbetrieb (FiF) oder in einem vergleichbaren Ausbildungsberuf mit staatlicher Anerkennung.